Wackelig war der Kontakt eigentlich immer schon. Wer ist dieses Wesen, das da in meinem Körper steckt? Und wessen Körper umhüllt so dreist meine Seele? Beiderseits herrschte Unzufriedenheit, mitunter gar Frust.
Dem Seelchen war der Körper viel zu massiv: zu laut die Stimme, zu raumgreifend der Schritt, zu breit Becken und Schultern, zu kräftig die Schenkel und zu vorwitzig die Zehen. Es fühlte sich nicht adäquat umhüllt von diesen fleischigen Schichten die es in dieser unserer Welt repräsentierten und seufzte dementsprechend bei jedem Passieren eines Spiegel in ungespielter Verzweiflung.
Umgekehrt brummelte der Körper oft über dieses hysterische Etwas, das da ständig jammerte, ewig zaghaft sich versteckte, das bei jedem Räuspern schier zusammenbrach und mit dem man einfach nicht streiten konnte. Dieses zarte, weinerliche Wesen, das da in seinem Inneren hauste, war ihm nicht geheuer, strengte ihn aber ungeheuer an. Jeden Schritt kommentierte es zweifelnd, jede Veränderung machte es wanken und jede neue Aufgabe wurde stande pedes zum Problem.
Als man sich heute jedoch unter der Dusche unwillkürlich begegnete, weil das Licht mal wieder für Sekunden ausfiel, blieben die Vorwürfe aus. Behutsame Neugierde überwog und machte ein Berühren möglich.
Möge der Kontakt wackeln, wachsen, werden: sein.
Gedanken
Rotkäppchen
Heute muss es die rote sein, die rote flauschige und zwar bis über beide Ohren. Und wehe Mama hat Einsprüche!
Aber Mama lächelt nur und Papa streichelt mir grinsend über den rotflauschig eingepackten Kopf. Also schnell auf den Stuhl geklettert, den Schlafanzug erst noch einmal angelassen und Kaba trinken. Und von Papa mir ein Marmeladebrötchen schmieren lassen. Kann ich zwar eigentlich schon selber, aber von Papa geschmiert ist leckerer. Mama schmiert zu wenig Butter unter die Erdbeermarmelade, darum lieber von Papa. Mama schüttelt natürlich den Kopf.
Mama und Papa machen derweil Pläne für den Tag. Ein Spaziergang im Park mit Zwischenstop bei den Schaukeln und auf dem Heimweg bei Oma vorbei? Oder doch lieber zu Hause bleiben, den Balkon winterfest machen und dabei ein Hörspiel hören? Oder aber Papas Freund Erik besuchen und Eriks Freundin ihren Bauch angucken?
Wir entscheiden uns für zu Hause bleiben, werkeln, und umtopfen. Wir räumen den Tisch ab und Mama legt schon mal Planen fürs Blumenumtopfen aus. Und während Papa und ich auf dem Balkon mit den Händen in der Erde buddeln und dabei möglichst viel Dreck machen, sucht Mama ein Hörspiel aus, das wir alle drei mögen.
So jedenfalls reimte ich mir den Vormittag zusammen, als ich mittags ein rotbemütztes Mädchen im Schlafanzug mit schwarzen Fingern und sichtbar marmeladenverschmiertem Mund auf dem Balkon gegenüber entdeckte, das sich mit seinem Vater geschäftig über diverse Blumentöpfe beugte und zwischendurch immer wieder für Sekunden konzentriert lauschend in der offenen Balkontür stand.