Eine unscheinbare Adresse: Kopenhagener Strasse 60-68. Man ist versucht, nahe der Schönhauser Allee im Prenzlauerberg zu suchen. Weit gefehlt. Die WILHELM HALLEN findet man in Steinwurfweite des S-Bahnhofes Wilhelmsruh. Wir verdanken sie dem Pankower Maurermeister Christian Friedrich Malingriaux. Auch hier gibt es eine Kopenhagener Straße. Zwischen 1898 und 1918 fertigte Malingraux einen ersten Entwurf, der ab 1902 vom Architekten Hermann Streubel umgesetzt wurden.
Schweres Geschütz wurde hier aufgefahren, oft heiß gekocht, das sieht man den Steinen an, das riecht man, das erzählen die eisernen Träger, die Signalfarben, die Rußspuren bis unters Dach. Am Eingang ist man kurz irritiert, wartet doch noch ein Pförtnerhäuschen mit dem Charme der Fünfziger Jahre auf, jetzt Gesicht zu Strasse und Merchandise-Shop. Das kam später hinzu, und schlief mit den anderen großzügigen Gebäuden seit der Schließung der Eisengießerei, die hier viele Jahre beheimatet war, einen Dorfröschenschlaf.
Seit kurzem werden die Werkhallen nun mehr oder weniger vorsichtig geweckt, hier eine Künstler-Atelier, mal eine Veranstaltung, und ein, zwei Bagger in knackigem Gelb. Schade allemal wie so oft ist jede Veränderung auch ein Verzicht, ein Verlust, ein Adieu, verschwinden Spuren und ihre Zeugen, Mauern und ihre Macken. Sei’s drum sagt man sich hier und krempelt den Asphalt auf.
“Mit den Wilhelm Hallen wird aus einem denkmalgeschützten Industrieareal ein Zentrum für die Kreativindustrie. Worum es hier geht, ist die Schaffung eines Ortes, der die Vernetzung zwischen Kreativdisziplinen und den Austausch mit der Öffentlichkeit befördert!” Auf der Website erfahren wir von Plänen und Ausstellungen, Möglichkeiten & Mietflächen: https://wilhelm-hallen.de.
Ziel der Sanierung sei eine kompromisslose Bestandserhaltung, weshalb sämtliche Eingriffe in die Substanz behutsam durchgeführt würden, Dächer müssten aber trockengelegt, Fenster isoliert, neue Anschlüsse für Strom, Bad, Heizung gelegt und die Fußböden in Beton ausgeführt werden. Auf 20.000 Quadratmetern tummeln sich designaffine Mieter, auch Konferenzen lassen sich hier abhalten. Ich bin froh, davor dagewesen zu sein.