Was brauchen wir, fragst du, Frieder, und weist uns
den Sender fm Mayröcker auszusuchen:
Gedichte, Gedichte von dir Friederike!
Was wäre (wohl möglich), wenn wir Gedichte, Lyrik, anerkennen
# als Mittel zu Verortung und Orientierung in der Welt, Zeilen wie Strahlen aussendend und einholend, Echo und Resonanz
# als Über-Lebensmittel und Zufluchts-Ort, Fluchtpunkt der nötige ergänzende Perspektiven anbietet
# als Fliegenpapier der Realität, gleichwertig alternative Realität vielmehr denn als, wie oft behauptet, reine Abbildung derselben ( Grüße gehen raus an die Fotografie)
# als immer und immer wieder Antworten auf die unausgesprochene Frage: was brauche ich, was brauchen wir?
# als Premiumatem
# als Ode an die Prägnanz, stets auf der Suche nach unkompromittierbarer Eindeutigkeit, die Mehrdeutigkeit nicht ausschließend sondern einladend, auf den Punkt, der trifft
# als immerwährend dem Ertrinken trotzendes Venedig
# als Akt der Architektur, aus Silben Obdach bildend, Räume in alle Dimensionen schachtelt, inklusive der Frage nach der Statistik, während die Prosa eher in die Fläche wirkt, Land schafft
# als Widerstand gegen die Erwartbarkeit und das Balkendiagramm
# als das Gegenteil von Unschuld, auf den ersten Blick unschuldig mit der unwiderstehlichen Haptik von Wildleder
# einzelnne Zeilen Romane abtrotzend
# mehr als das
# Brausetablette des alltags, Liebling der Musen
# Einladung ans Weiterdenken
# als Meltingpot der Gezeiten, Liebeserklärung an den Horizont
# als Heimat
# ohne Angst vor großen Emotionen, im Gegenteil sichtbar stolz Emotionen evozierend
# Tempo-30-Zone der Literatur
# fühlt sich fast wohler unter der Erde, und vielleicht deshalb auch Brüderschaft trinkend mit dem Tod
# das Du unter den Exzellenzen
# nur auf den ersten Blick von Schrift abhängig, auf den dritten spätestens bereits im Laut ihre Wirksamkeit entfaltend, literally
# Ultraschall, nämlich
# sich auftextend, eintextend, ertextend
# Funghi, unterirdisch zu einem unendlichen Textstrom verbunden, auf Papier dem schreibend suchenden erscheinend nichts als Musterbeispiele, einzeln ein Gedicht
# Im Satz ohne Punkt gültig
Vielen Dank an das Haus der Poesie, an Frieder von Ammon (LMU), Marcel Beyer, Uljana Wolf, Ann Cotten und Peer Trilcke!