Das Hansa-Viertel in Berlin, so wie wir es heute kennen, wurde unter dem Namen “Südliches Hansaviertel” 1953 geplant und, im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Interbau von 1957, in den Jahren von 1955 bis 1960 realisiert. Es wurde offensiv als Schaustück westlicher Leistungsfähigkeit angelegt und stand einst für modernes Wohnen: Die Stadt von morgen sollte hier erschaffen werden.
Der Gegenentwurf zu den sozialistischen Bauanstrengungen im Ostteil der Stadt bot außen globale Vorzeige-Architektur, innen sozialen Wohnungsbau: das Gegenteil von Gentrifizierung. Es gilt als Demonstrationsobjekt moderner Stadtplanung und Architektur jener Zeit, der klassischen Moderne oder Nachkriegsmoderne. Wie gesagt, den Wiederaufbau des 250 000 Quadratmeter großen Hansa-Viertels beschloss der Senat 1953. Dafür wurden rund 100 Entwürfe eingereicht, davon 20 von Berliner Architekten. Unter den Architekten waren so einige, die heute noch einen Namen haben: Alvar Aalto, Egon Eiermann, Walter Gropius und Oscar Niemeyer zum Beispiel.
Die Bezeichnung „Hansa-Viertel“ geht allerdings auf ein Wohngebiet zurück, dass 1874 zwischen Spree und dem Großen Tiergarten unter Beteiligung von Hamburger Investoren angelegt wurde, daher rührt auch der Name Hansa-Viertel. Im Zweiten Weltkrieg allerdings wurde es zu 90 Prozent zerstört.
Allein eine detaillierte Bestandsaufnahme des Hansa-Viertels würde ein ganzes Buch füllen: 36 Einzelbauten oder Ensembles, Pavillons sowie die Akademie der Künste und auch einige abseits gelegene Gebäude wie die Kongresshalle aka Schwangere Auster aka Haus der Kulturen der Welt oder das Le Corbusier Haus an der Heerstraße gelten noch heute als Musterbeispiele für moderne Architektur und Stadtplanung der 1950er Jahre.
Statt der Worte, die nötig wären, um meiner Faszination für diesen Winkel Berlins auszuleuchten, verorte ich hier einige fotografische Momentaufnahmen aus dem Herbst 2017, als das Hansaviertel 60 wurde und artberlin eine großartige Führung mit dem Dokumentarfilmer Marian Engel anbot – Prädikat sehr empfehlenswert! Marian Engel lebt selbst seit 2008 im Hansa-Viertel und hat ihm mit dem Dokumentarfilm “Leben in der Stadt von morgen” ein filmische Liebeserklärung verfasst. Die Führung wird schönerweise in unregelmäßigen Abständen auch jenseits des Jubiläumsjahrs angeboten.