Gegenwart

Heute nehme ich mir frei

Berlin Mitte | © Anne Seubert

Heute nehme ich mir nichts vor, Heute nehme ich mir beim Schopf und schüttle, bis das Gestern sich trollt und das Morgen Reissaus nimmt. Heute schmeiss ich hin, was nicht herkommt und halte der Zeit nicht länger ein Plätzchen frei, nein, heute bin ich mal leise und auf den Punkt genau. Heute ist mal gut, was nicht gerade und gut genug, was nicht perfekt. Heute ist frei, froh zu sein oder traurig, oder müde und matt. Heute ist Tag der Blumenmädchen und Pilotinnen, den Kopf in die Luft und die Füße ins nasse Gras, das heute morgen noch ganz schön frisch zwischen den Zehen blinzelte.

Heute ist Kirschkernspucktag, wenn nur die Kirschen schon reif wären, so bleibt es beim Träumen, ein Tag wie gemacht zum Ideenweitwurf, wobei bei aller Weite die Nähe nicht zu kurz kommen darf. Magst du dich neben mich setzen auf eine Schale Tee? Magst du die Straße fegen, den Staub vergolden im Licht, das fällt, weil die Sonne die Gnade hat, um die Ecke zu scheinen?

Heute nehm ich mir frei von Kummer und Sorgen, von Speck und Knödeln, heute gibt es Luft und Liebe und Streuselschnecken satt, bis das Tageslicht Feierabend macht und meine Laune Liebeskummer vortäuscht und Streicheleinheiten gegen Liebesperlen tauschen möchte und vice versa, wer möchte sich da schon entscheiden, lieber zusammenlegen, überhaupt, viel öfter zusammenlegen, die Leiber, die Liebe, das Geld und die freien Tage, bis die Leichtigkeit exponential und der Weg frei in eine Nacht, die zu den unvergessenen zählen wird.

Gegenwart

mit dem himmel per du

Himmelssprache |© Nina Hitze
Bild: Nina Hitze

und dann liegst du da und fragst dich, wie weiter in dieser welt, die nicht weiter will. die einfach liegen bleibt und den frühling verschläft, dabei mochte sie den sonst doch immer am liebsten.

und dann liegst du da und siehst die decke, die dir nicht mehr auf den kopf fallen will. die zur landkarte wird, mit ecken, in die sich der staub flüchtete und schatten, die die lampe wirft, wenn du abends das licht hereinbittest.

und dann liegst du da und hörst nichts als stille, die dir immer lieb, jetzt aber zu viel des guten. diese stille, die plötzlich droht statt beruhigt, aufwühlt statt tröstet, die sich eine eigene stimme bastelt, jenseits deiner projektionen.

und dann liegst du da und fragst dich wie weiter in dieser welt, die den anrufbeantworter ausgeschaltet hat und selbst auch nicht ans telefon geht: closed until further notice. die einfach still bleibt, auch wenn dein leib tosen möchte, wellen schlagen. und lippen lesen.

und dann liegst du da und der himmel erzählt dir seine geschichte, die ein märchen sein könnte von 100 – und einer nacht, von wolken, die aufziehen und sich hemmungslos ausregnen auch, von einem horizont, der grenzen liebt, und von immer noch einem morgen danach.