Generika

Begrabt mein Wort am Fuße der Serife

Ich möchte ein in die Jahre gekommenes, bleiernes W sein. Ein wurstiges p, das sich drehen und wenden lässt. Eine Leerstelle nimmer, mitunter gerne der Punkt, der sich dir zwischen die rhetorische gedrechselten “Ja, aber” drängt, kein zärtliches Kommata, sondern der, der unterbricht, der das Argument von der These trennt, der stillsteht in all dem, was du zu sagen hast. Und ja, ich höre dir gerne zu.

Gib mir eines noch, ein Wort, das zwischen meine Lippen passt, genauso wie zwischen deine. Das sich wohlfühlt ausgesprochen, ausgeschrieben gar, gedruckt, zwischen Seiten gepackt und trägt. Dich und mich und den Satz, der zwischen deinen Zähnen hervorblinzelt, der dich lispeln lässt, so lange du ihn nicht mit mir teilst. Geteilte Worte sind mir doppelte Freude, sind zwei Ahnungen in einer Klammer, so wie dein “oder” immer auch ein “und” war und meines nie.

Setz mir ein Wort auf die Schulter, serifenlos, eines von denen ich nie genug bekomme, weil der Blick schon mitschwingt und die Frage, die Antwort und Aufruf zugleich. Aufruf zum Schweigenbrechen, mit diesem filigranen Konjunktiv im Abgang, die dem Wortklang trotzige Tiefe und eine raunende Wärme anheim geben und dich nach dem nächsten lechzen lassen. Worte wie Buchstaben, bleiernen Russ am Fuße der Serife, Blut zwischen den Klammern.

Nimm dir die Sprache beim Schopfe des Z, überlass die Wortwahl nicht Willkür und Tastatur, sing es, Blut und Wasser noch aus dem schüchternsten sz wringend. Halt ein, bevor die Farbe in Druck geht, das Wort in einen Satz mündet, die Frage suggestiv wird. Setze ein Zeichen, da wo der Satz um die Kurve kommt, wo dein Lächeln Ausrufezeichen setzt, wo deine Angst ein Fragezeichen setzen möchte. Greif zu!

Mehr Worte am Drücker finden sich bei Martin Z Schröder, der Dank für die Bilder geht an Jonas Friedrich.

Generika, Leise Vergnügungen

Leise Vergnügungen II

 

broken glass

# Sonnenstrahlen kreuzweise stapeln und dabei das Kreuz sorgsam auf meine Nasenspitz ausrichten.

# Pakete bei den Nachbarn einsammeln und dabei in fremde Leben eintauchen, so tief, dass ein Buch im Kopf entsteht.

# Entgegenkommende Menschen anlächeln und für Minuten zu Komplizen gegen den Rest der Welt machen.

# Geschichten auf den Leib gezeichnet bekommen.

# Auf’s Land fahren und morgens in Stille erwachen.

# Das Buch nochmal von vorn lesen.

# Worte wie Pralinen aus ihrem Letterdress schälen und die Satzzeichen für einen Absatz von der Leine lassen.

# Drei Freunde auf einmal wiedersehen.

# Die Kürbisspalten so lange im Ofen lassen, bis ihr Teint von karibischer Sonne singt.

# Amaranthpops in flüssige Schokolade gießen und dann löffelweise vorm Ertrinken retten.

# Haut an Haut denken, nichts als Buchstaben zur Hand und bäuchlings grinsende gelbe Kreisgestalten.

# Apfelspalten in Zimt andünsten und mit Mandelmilch und Ahornsirup simmern lassen bis ein Duft entsteht, der dich in die Kibdheit reisen lässt.

Leise Vergnügungen Part I