Gegenwart

Was findest du schön, Anne?

Herbst | Anne Seubert

Ich gestehe, ich mag Fragen. Ich mag Fragen deutlich mehr als Antworten. Ich mag Morgen lieber als Abende und ich mag Finden lieber als Suchen. Als Jana mich daher letztens fragte, ob sie mich für ihren Podcast “Was findest du schön?”  fragen dürfte, was ich schön fände, sagte ich sofort zu.

Ob Gott schön war? 

Schönes finden, etwas schön finden, so nehme ich es wahr, ist etwas, das uns Menschen eint. Soohl auf der individuellen Ebene, als auch auf der kollektiven. Ich kenne keine Kultur, in der dem kollektiven Schönheitsbedürfnis nicht gehuldigt würde, sei es in Formen von literarischen Oden, in architektonischen Gebilden, in Kunst, Brauchtum, Design, Religion, und in der dem Schönen nicht eher Gutes denn Böses nachgesagt werden würde.

Was wir als schön empfinden hingegen, unterscheidet sich sehr. Schön ist, was gefällt, klingt zwar knackig, trifft es aber nicht – nicht dass es eine einheitliche allgemeingültige Definition gäbe, weder in der Philosophie, Psychologie und den Kunstwissenschaften. Schönheit ist im Gegenteil Forschungsgegenstand, und zwar der Ästhetik. Das Schönheitsempfinden wandelt sich zudem mit Zeit, Alter, Wissenzuwachs, mit sozialem Auf- oder Abstieg (Bourdieu!) und es ist auch immer ein zutiefst subjektiv empfundenes und als solches verteidigtes: Was ich schön finde, entscheide ich!

Schönheit wird allgemein als ein Merkmal von Objekten beschrieben, das die Wahrnehmung dieser Objekte angenehm macht. Zu solchen Objekten gehören Landschaften, Sonnenuntergänge, Menschen, Gebrauchsgegenstände oder Kunstwerke. In einem weiteren Sinn werden oft auch abstrakte Objekte wie Ideen, Erkenntnisse, Handlungen, Beziehungen, Situationen oder Erinnerungen als schön bezeichnet, was auch der umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs „schön“ entspricht. Schönheit ist Gegenstand sowohl der Philosophie als auch der Psychologie und der Künste und Kunstwissenschaften.

Ein weiteres Merkmal von Schönheit ist, dass es sich um ein bewusst getroffenes Werturteil handelt. Das grenzt das Schönheitserleben von anderen positiven Empfindungen wie dem einfachen Wohlfühlen oder Lustempfinden ab.[1] Als ästhetischer Wert steht der Schönheit die Hässlichkeit gegenüber. Das Phänomen, dass an sich „hässliche“ Attribute gelegentlich dennoch als schön empfunden werden, wird als Paradox der Hässlichkeit bezeichnet.[2]

Schönheit hat sowohl objektbezogene als auch subjektive Aspekte:
Sie hängt einerseits von Eigenschaften der jeweiligen Objekte ab, andererseits von der ästhetischen Disposition (dem individuellen Geschmack) der urteilenden Person. Der subjektiven Seite entspricht die Redewendung, Schönheit liege „im Auge des Betrachters“.

Quelle: Wikipedia

Ich wäre gerne schön gewesen

Ob wir etwas schön finden, es als “von uns schön empfunden” bewerten, können wir meist sehr schnell und klar ausdrücken. Schön! Wow! Sehr schön! Wunderschön! Das gefällt mir! Das finde ich schön! Wie schön! – kraftvoll wissen wir unseren Empfindungen spontan Ausdruck zu verleihen.

Mitunter hinterlässt uns der Kontakt, das Gewahrwerden von Schönheit aber auch sprachlos. Schönheit kann uns nicht nur finden, sie kann uns körperlich ergreifen, und zwar in einem Maße, dass es uns die Sprache raubt, dass unsere Augen leuchten, dass wir plötzlich ganz ruhig werden, dass unser Herz schneller und deutlicher schlägt und wir weiche Knie bekommen. Sie kann uns die Tränen in die Augen treiben und unsere “Seele berühren”.

Als Jugendliche war es mir ein Anliegen, selbst schön zu sein. Mit den Jahren veränderte sich das, zunehmend ging es ums Finden, Gestalten und Teilen von Schönem. Und der Erkenntnis, dass mein Schönheitsempfindnen eines ist, das wächst – und eines, das sich wandelt. Was mir früher schön, ist mir heute kein Motiv mehr und anderes entwickelte erst eine Schönheit für mich, Landschaften etwa, Formen und auch Augenblicke.

Anne, was findest du schön?

Anne, was findest du schön? fragte mich also Jana und ich erzählte ihr von meiner Komplizin, die mich die Welt ertragen, begreifen und zu meiner Welt werden lässt. Die mich begleitet, mal stiller, mal präsenter, die gelernt hat sich zu behaupten an meiner Seite, die mir Gesprächspartnerin und Korrektiv und zunehmend Vertraute geworden ist inn diesen Jahren.

Ich habe Jana erzählt von den Morgenstunden, den Zahlen, und der Prägnanz, die für mich in Schönheit steckt, diese Punktgenauigkeit, die zwar erstrebbar aber nicht erarbeitbar ist, denn Schönheit ist für mich auch eine  Unvollendete, eine die sich nicht gänzlich verfügbar machen lässt, nicht berechenbar ist, sondern einen Resonanzraum benötigt, in dem sie in Schwingung kommen kann. Und nein, liebe Jana, Schönheit ist für mich zwar teilbar, aber nicht diskutabel. Aber hört selbst:

Vielen Dank, liebe Jana, für die Einladung! Ich freu mich auf alle weiteren Folgen und Perspektiven auf das Thema. Vor mir hat Jana übrigens ihre Mutter, eine Architektin, zu Ihrer Perspektive auf das schöne Thema befragt – alle ihre Podcasts und Grafiktipps von Jana findet ihr hier.