Gedanken

Unter Medusas Lächeln

Marmornen Fußes versucht Medusa mir gegen Ende des Morgens meine tägliche Portion verschwörerisches Lächeln durch die ungeputzten Scheiben zukommen zu lassen. Heute mangels solarbetriebener Mundwinkelkrümmung vergebens, dafür küsst ein Paar sich, Medusas Blick entzogen eine Häuserecke weiter weltvergessend. Prompt spürt mein rechtes Handgelenk den Willen der einzelnen Finger seiner Hand, die unwillkürlich nach fremder Haut tasten. Ihre Kontraktionen strahlen bis weit über den Ellbogen hinaus, kitzeln gar das Schulterblatt und den ihn umgebenden Schmerz wach.

Einen Schluck Kaffee später bereits, ist das Paar verschwunden und Medusa beehrt mich mit gönnerhafter, leicht spöttischer Aufmerksamkeit. Es träumt sich gut südwestlich ihres Wangenknochens und doch zieht es am Ende des Tages einen jeden und auch mich gar hastigen Schrittes in die nächste Gasse, Schutz zu suchen vor nicht nur ihrem Blick, und sei sie noch so schmal. Und mitunter wäre ich um eine Sonnenbrille, blickdichte Strümpfe und die Möglichkeiten einer lautlosen Gardinenstange dankbar.

Die lauwarme Tasse umklammert, zügle ich die Reichweite meines Augenlichtes, angepasst an die schlierigen Doppelglasscheiben. Auch mein Lächeln darf nurmehr bis zum Türknauf säuseln, jenseits liegt nun Sperrgebiet. Für heute zumindest gilt es, die Konzentration auf die Fingerspitzen zu richten und Medusa links liegen zu lassen. Im Regen stehen. Eiskalt. Ungeküsst. Spoliencharme hin oder her, ich habe zu tun.

Gedanken

Im Augenblick

Nein, unsere Liebe wird keine leidenschaftliche mehr. Ich werde mich in Deinen Abwesenheiten keinesfalls nach Dir verzehren und in Deinen Anwesenheiten ebenso wenig hingebungsvoll auf die Knie sinken. Womöglich noch dankbar. Meine Lippen wird auch lächelnd stets ein wenn und/oder aber zieren. Wir werden keine rauschenden Feste feiern, ich habe gerade erst gelernt, Dich zuweilen von Ferne zu umarmen. Ich überzeuge mich weiterhin, ohne Dich sein zu können, nachmittags, und suche ich Dich wieder und wieder in meinen Träumen, frühmorgens, so gegen 04:30. Zu nahe kommen wir uns nie und doch bleibst Du mir eigensinnig treu.

Unbedankt aber immerhin nicht unerwidert. Auch von meiner Seite keinerlei Betrug, noch nicht einmal Lügen. Nur werde ich unser Ende weiterhin herbeisehnen, öffentlich und charmelos larmoyant. Statt Dir schmachtende Oden zu widmen, bei Deinen Berührungen vor Wollust zu stöhnen, meinen Schritt ob Deines Anblicks zu beschleunigen. Ich werde Dir zu Ehren nie nicht früher aufstehen, keine Blumengebinde in Auftrag geben, meine Zehen nicht in zu kleine Schuhe quetschen. Es wird keine Sehnsucht geben, meinerseits. Kein Planen einer gemeinsame Zukunft, keine Hoffnung auf bessere Zeiten, keinen Streit, keine Jubiläen. Ich weigere mich, die Vergangenheit zu verzeihen.

Einstweilen versuche ich ernsthaft, mich wohl zu fühlen mit Dir, mich einzulassen auf Dich und Deine Bedürfnisse. Ich gebe mir Mühe, meine Bedürfnisse zu artikulieren und bin Dir schon eine ganze Weile nicht mehr übel gesonnen. Immerhin. Vermissen werde ich Dich nicht, bevor Du mich verlassen hast. Wenn ich Dir nicht schon vorher entkomme, denn das werde ich wohl immer wieder in Angriff nehmen: vor der Zeit, die Du für uns angesetzt hattest. Das mag, wer möchte, als verrückt, dumm, schade, albern, feige oder gar als konsequent bezeichnen. Noch aber ist es nicht soweit, noch weine ich, erkläre ich mich, antworte ich Dir. Solltest Du eines Tages doch einmal fragen.