Gestik

Trotz Zahnbruch konjunktivlos

Unter dem Kopf ein Hals, der nicht vollzukriegen. Unter der Jacke ein Frost, der nicht flieht. Und unter den Zehen Nägel, eimerweise. Da hilft es den übergewichtigen Kehlkopf in den Nacken zu schmiegen, den Blick gen Baumwipfel zu richten und die CO2-Produktion zu verdoppeln. Minutenlang nach Kräften, bis der Himmel algenverhangen das Handtuch schmeißt und hinter der nächstgelegenen Kastanie in Deckung geht. Dann erst jubeln. Radebrechen. Schließlich: allumfassend lächeln.

Eine konjunktivlose Szene schreibend eine Ankunft erfinden, ausfindig machen jenseits aller Kurvendiskussionen, endlich einmal hemmungslos emotional, bauchnabelzentriert. Dasein. Wohlfühlen. Ja, das ist zu viel verlangt, bei Weitem, gar dreist! Aber immerhin: authentisch. Gefüllt dabei bis zur letzten Sekunde die 86400 des Tages: Ewig lockt der Müßiggang und die Seele räuspert sich Pusteln schlagend. Die Buchhaltung klagt, die Kostenrechnung bliebe auf der Strecke, Effizienz würde vermisst und obendrein stünde der Beweis eines Alleinstellungsmerkmals noch aus.

Wirksamen Trost in Einzeldosen diskret verpackt hinter dem Ohr zu tragen empfiehlt sich nahezu rund um die Uhr. Regelmäßiges Atmen nicht vergessen, möglichst synchron beide Nasenlöcher zu 50% beteiligen. Und das Träumen auf ein Minimum reduzieren, auf dass nächtliche Schweißabsonderungen der Vergangenheit angehören. Prioritäten setzen, Rastplätze aufstöbern und bei jeder, wirklich jeder Gelegenheit, Nase und Lippen frei rubbeln, die Wimpern hoch stülpen und das Kinn trotz sichtbar keimendem Pickel Richtung Horizont strecken.

Gesuche

Händeringende Ortsbegehung

„Tatort – live erleben. Wie geht es in ihrem Leben weiter?“ lese ich und fühle mich sofort angesprochen. Mein Leben als Tatort und ich mittendrin. Ein wenig Action, ein wenig mehr gar an Spannung, einen Hauch Tragik und mindestens zwei Helden, als Team vereint. Und stehe da in meinem Kleid, noch verlorener als in Hosen schon und bereits ehe der Vorspann samt Titelmedley ausliefe – zwischen den Augen hindurch ins Hirn – wieder längst in verblassten Marginalien versunken, weit über das Knie, nicht ganz bis zur Hüfte.

Kartoffellastig die Küche der letzten Woche, Make-up-träge die Haut über meinen asymmetrischen Wangenknochen spätestens gen Wochenende. An den Hüften die erst letzte Nacht liebgewonnen Spuren des mehrtägigen Besuchs bei Amanda – zwei Frühstücksbrunchs ohne abschließendes Vaterunser und viereinhalbmal schlesische Hausmannskost. Dein Fingerballen zitterte bei der Erstbegegnung mit eben jenen Bögen nur leicht, später dann bei der weitflächigeren Begehung der Oberflächen aber schon aller Hand: Tremolo.

Kaspisches Rokoko lispelst Du da gerade und beatmest meine Hüfthäute Silbe für Silbe mit hochprozentiger Luft-Wasser-Dispersion. Ich pfeife entgegen jeder Gewohnheit und wie unter Zwang erstmalig bewusst aufs Ökosiegel und konzentriere mich an seiner Statt auf das sukzessive Erröten meiner Schulterblätter. Die mir eigene Links-Rechts-Schwäche, Erbe bis dato unbekannt gebliebener Ahnen, zelebriert ihre Sturheit in einem Maße, das mich auf beidseitig synchron verlaufende Farbintensivierung bestehen lässt, meinen Brustkorb, entsprechend unlängst in meinem exklusiven Beisein verkündeter assistenzärztlicher Anweisungen, offen getragen.