Gestern

Indo eu, indo eu

Ja, Charme hat es. Und der fehlt. Mir. Besonders deutlich spürbar beim Zehenspitzenöffnen, beim Augenliderschließen. Beim Hüsteln auch. Und beim lauwarmen Käsekuchen nach Großmutters Art großzügig voll mit Zimt bestreuter Nostalgie. 2008 imponiert mir noch ziemlich, wohl diese vor-einem-weißen-Blatte-sitzen-Sache, ich muss mal sehen, was ich mir daraus basteln werde. Schnee hilft nicht wirklich, wenn er die Welt auch ruhiger, und Glatteis sie aufregender macht. Es fehlt das Licht, dieses eine. Das durch Wände geht. Das sich der Dunkelheit mit einer Anmut beugt, nur um am Tag darauf wieder lustvollst Schatten werfen zu können. Es fehlt das Häufchen Bruchstein am Hauseingang ebenso wie die Grapefruit unterm Fenster.

Gelage

Gabelstapler, outgesourced

Müssen Titel immer mit dem ihnen untergestellten Text eine Sinneinheit bilden, und wenn ja, über wie viele Ecken und Banden im Höchstfall? Wie hoch sind Identitäten stapelbar und wäre James Bond eine Frau, wer verkörperte den nächsten Bond-Boy? Unter Ikebanafältchen ummantelt mein Lächeln jegliches Unvermögen: Schweigen in Seidenpapierhähnchen. Hummer gegen Kummer und immer wieder brüllende Crème. Zwischendurch lädst Du Dir dann doch Bedeutungen auf die Floskeln, die unabdingbaren, unaufdringliche, zuweilen zärtliche Insider, die prickelnd die Balance halten zwischen plump und kryptisch. So macht Smalltalk die Pausen zum Hauptgang, kalorienarm aber mehr als sättigend.

Unter dem Tisch türmt sich derweil der Nachtisch nachlässig beschürzt in hellen Strümpfen. Das Fundament im Schönheitsschlaf: Knie an Knie warten auf ihren großen Auftritt, der bereits mehrmals um eine halbe Stunde nach hinten verschoben wurde. Die Gabeln haben gar nicht so viele Zacken, wie mir aus der Krone brechen könnten, da müssen dann schon auch noch ein paar Zehen dran glauben. 36-Kaliber machen sich sowieso weitaus besser als 42-Mutanten, obwohl, aber das gehört nicht hierher. Beim dritten Hauptgang streikt Dein Magen endlich zum ersten Mal, das mitfühlende Gelächter begleitet Dich, man nutzt den Einhalt für neue Stapelorgien. Noch besser das Eigene, noch schöner, noch effizienter und vor allem noch erfolgreicher. Du erkennt uns nicht wieder, Du reichst nicht einmal mehr heran.

Inzwischen klirren Gläser mit gefroreren Lachen um die Wette, jeder Biss eine Mundwinkelzerrung. Rechts und links nur Köpfe, die die Existenz jeglicher Unterleibe vergessen machen. Der Blick auf den nächsten so gut wie leeren Teller birgt das Orakel des kommenden Jahres, sagt der Ober, und ich nicke ergeben, reiche ihn meinem Nachbarn zur Eröffnung eines neuen Stapels dreckiger. Ihre Wäscher wenigstens soll was in der Hand haben, lächelt er müde, die Lider Zustimmung gleichermaßen erheischend wie erwartend flatternd, und sammelt die Gabeln ein.