Gesuche

Beißbeere*, und zwar die, die scharf ist

oder
Auch Paprikas gönnen sich heuer einen Migrationshintergrund

Wäre ich dem letztwöchigen Ruf der Wildnis gefolgt, hätte paprizieren baldigst zu meinen nicht täglich, doch aber allwöchentlich vollzogenen Handlungen gezählt. Das hätte nicht an der veränderten Vegetation meiner neuen Umgebung gelegen. Mitnichten. Alles eine Frage von Signifikat und Signifikant, von Spracheigenheiten und Kochtöpfen der einzelnen Völkchen innerhalb des deutschsprachigen Raume. Sowie darüber hinaus. Das Pulver der Küchencaballeros und die rot/gelb/orange/grüne Frucht teilen viel, aber nicht alles, oft den Namen, aber nicht immer.

Ich jedenfalls mag derdiedas Paprika in ziemlich jeder Form, die Frucht als Rohkost pur, im Salat, in der Pfanne, mit Fleisch oder ohne, im Gulasch, im Gratin, oder auch aufs (Käse-)Brot. Nur in Kombination mit Fisch wird mein Magen laut und rebelliert bei Missachtung seines Vetos ohne Hemmungen. Als Gewürz rosenscharf und edelsüß in allen nur erdenklichen Rottönen, als Chili in der mexikanischen, als piri piri in der portugiesischen, als Paprika in der schweizer Küche. Auch den hot pepper in amerikanischen kitchen, die Red Hot Chili Peppers im Ohr, ach peppers überhaupt.

Rote, kurze, dicke, grüne, lange, krumme Chilis und Peperoni, dürfen alle in meinen Suppen mitkochen. Wird es zu rattig, lösche ich allerdings gnadenlos mit Sahnigem, vorzugsweise Kokosmilch, nur ist diese alles andere als in meiner Küche heimisch. Ich mochte Paprika Kramer, damals zwischen den Buchdeckeln und ich habe beim Italiener die gefüllten Peperoncini gern zwischen den Fingern, was sag ich, Zähnen.
Trotzdem hätte ich beinahe über was anderes geschrieben, auch mit Migrationshintergrund, klar, prominenter in jedem Fall, liebreizender irgendwie und mindestens so lecker wie P., allerdings mit Suchtpotenzial.

*ob das ungefragt ungesagt gebliebene Fräulein von nebenan über eine solche zu oder gar statt ihres Beißringes erfreut wäre?

Geschwister

Der Satz des Poseidon

Er fühlte sich pubertär, so liebevoll die Zweifel gehätschelt, so intensiv die Wangen nach erhofften, aber eben doch nicht sprießenden Bartstoppeln abgetastet. So mürrisch den Tagen in ihre jugendlichen Gesichter geblickt, von schräg rechts unten mit unverhohlener Skepsis, das eigene Kinn dazu fast an die noch immer gänzlich unbehaarte Brust geschmiegt. So ohne Verlass die eigene Stimme bei den doch sowieso schon selten gegeben Stimmproben, mal fisteliger Sopran, mal rumpelnder Bass, so geruchsintensiv die eigenen Achseln.
Er wollte die Welt, den Himmel, unendliche Schokoriegel, und nicht etwa das trockene Stück Brot, nicht die zwölfstellige Pin einer weiteren Chipkarte oder die Zusatzversicherung für etwaigen Zahnbelag. Er hatte das ihn mit Schwertstichen an seine Existenz gemahnende Bedürfnis nach in seinem Ohr sich umarmenden Landschaftpanoramen, nach rauschengelnder Nacktheit samt Federboa, nach jegliche Wut vernichtender Sanftheit. Und mehr als alles fürchtete er dieses unkontrollierbare Fluten der emotionalen Hormone oder wie immer das hieß.
Er ist ein Bruder der romantischen Verlierer und lächelt das über die Jahre unentbehrlich gewordene Pathos Sonntag für Sonntag nach dem Tatort in sich hinein. Das Pferd ist ihm, Bruder des Hades, heilig, Kühe hingegen schlachtet er mit Wollust, verzehrt sie, mit jedem Bissen rohseidene Blutfäden zwischen den Lefzen züchtend. Allerdings nur bei Nebel und auch dann nebst Knoblauchsauce extra dry, für den obligatorischen Durst danach stehen schließlich Ozeane bei Fuß. Den geborgten Dreizack unterm Kopfkissen, wird wenn dann sauer geweint, ansonsten hörbar geschlafen. Heute wie damals zurecht.