Gelüste

Gelbsucht

Ohrläppchen Richtung Telefon, die Lippen zur Suppenschöpfung gespitzt wartet mein Hirn auf bunten Blätterregen diesseits des Hypothalamus. Der Himmel stürmt Wolkenfetzen hinterher, die sich auf deiner Iris spiegeln, dein Oberlid flattern und mich unsicher machen.
Du sagst, er malte mit Farben, die das Licht schluckten und dann war da auch noch der sich über die Jahrhunderte angesammelte Staub, der das letzte Leuchten dämmern machte.
Geduld, flüstert der Schatten über meiner Schulter, Geduld. Farbenmeere wirst Du erneut kreuzen, barfuß über grünfunkelndes, kieselsteiniges Warm mäandern.
Ich aber will nicht warten, ich will Gelb!

Gerede

¿Que tal?

Dass es die zweitgrößte türkische Stadt nach Istanbul sei, ist mittlerweile ein mehr als überholtes Vorurteil. Heute ist Berlin die zweitgrößte Stadt Spaniens nach Madrid oder Mexiko Stadt. Nachdem die Deutschen Mallorca vereinnahmten, entdeckten die Spanier nun Berlin für sich. Es gibt bereits spanischsprachige mehrmals jährliche erscheinende Berlin-Magazine – Berlin ist in Spanien, was unsern Jugendlichen London oder Paris. Egal, an welcher Ampel man warten muss, egal wo man an der Kasse in der Schlange steht und egal in welcher Kneipe man abends sein Bier trinkt und welches öffentliche Verkehrsmittel man für den Weg benutzt – die Spanier sind längst da. Die Speisekarten, Bar-Namen haben sich bereits angepasst, heißen Cabana, haben Tapas und grüßen mit mediterraner Lebensfreude. Mitunter spricht die Kellnerin besser Spanisch als Deutsch.
Warum aber heißen Spanier Spanier und Spanien España? Auf einer meiner Odysseen ins Land der Enzyklopädien, wo ich täglich Kurzurlaube verbringe und mindestens jeden zweiten Tag den Heimflug verpasse, stolperte ich letztens in Herr-Iss über Hispania.
Neugierig, weil ich ja schon so viele Bewohner Hispaniens getroffen, wagte ich mich in das Gewirr der Gassen zwischen den Zeilen und da erzählte man mir sogar recht bald, woher der Name Spaniens kommt.
Angefangen habe alles mit einem Missverständnis, begannen die Seiten zu raunen. Einst kaperten wagemutige Phönizier die Halbinsel, die sich an den Ozean ebenso wie an den Atlantik schmiegt, und vermuteten, sie beherberge Procavia capensis. Auf meinen fragenden Blick, flüsterte man mir zu, diese seien eine Untergattung der Hyracoidea. Doch das brachte die Fragezeichen auf meiner Stirn nicht zum verschwinden. Drum schoben sie seufzend und merklich um ihre Pointe gebracht hinterher, man nenne sie im Volksmund – sie betonten das kursiv verächtlich – Klippschiefer!
Ich bemühte mich ein Aha-Erlebnis zu fingieren und buchte heimlich meinen Rückflug um. Ein Abstecher über Ken-La konnte nicht schaden!
Klippschliefer also. Auf phönizisch genannt „I-Shapan-im“. Hispania war da tatsächlich nicht fern. Da dämmerte es und mein tumber Gesichtsausdruck löste sich nun doch in ein befreites Lächeln. Man dankte es mir. Doch es war nur von kurzer Dauer, formten meine Lippen doch schon ein „Warum“. Warum kenne ich keine Klippschliefer, wenn es sie doch in Spanien gibt?
Gibt es eben gar nicht, antwortete man mir kichernd Falten, Eselsohren schlagend, es waren eigentlich Kaninchen. Nur die Phönizier hatten sie für Klippschliefer gehalten und das Land danach benannt. Was mich ja immer noch nicht recht befriedigt, verbindet man mit Spanien doch allgemein den Stier, nicht das Kaninchen. Aber als ich meinen Mund zu dieser erneuten „Ja, aber“-Attacke öffnete, klappte Enzyklopädia die Deckel ungeduldig zusammen und erinnerte mich so daran, dass am Terminal bereits wieder geboardet wurde.

Zwei Reisen später löste ich irgendwann noch meine Bonusmeilen ein und erfuhr, dass eine hinkende Ehe eine Ehe zwischen Angehörigen unterschiedlicher Staaten bezeichnet, deren Gültigkeit aufgrund divergierenden Rechts in den beiden Heimatländern unterschiedlich beurteilt wird. Gibt es auch stolpernde?