Gelage

One sip at a time

Noch einzeln lächelten wir über seinen Vertrag von Calvados, der ein Freudscher war, lachten uns jeder einen Brottrunk zum Frühstück. Er vertrug kaum einen Schluck und barg seine hohe Stirn im Anschluss und für den Rest des Tages unter dem vorzugsweise schattenspendenden Schild. Schutz bot es dennoch zu wenig und so erläuterte er maßstabsgetreu die Architektur von Stadt und Intellekt. Die der Emotion ließ er, erfahren in Konversation und ihren Tücken, aus. Die Angst vor der Stille teilten wir da bereits, es unbewusst genießend dem anderen ins Hosenbein zu grinsen.

Durch meine hervorblitzenden Zahnschmelz mutig geworden, wickelte er auch andere meiner Ängste aus, eruierte die Grenzen meines Muts lüstern aber behutsam. Gemeinsam scherzten wir über die perforierten Küstenlinien meines Verstands, kicherten ob der geradezu obszön geformten Ausbuchtung meiner Hoffnung. Sein Mund aus Krähenfüßen schluckte Wahrheiten wie warme Milch mit Honig. Am Liebsten abends, nur vom Mond bezeugt. Gleich Nesseln aber bewegten Nachrichten von Feindseligkeit und Missgunst seinen Speichel noch am Gaumen zur Rückkehr

Mitunter hatte ich Tränen übrig, die wir uns auch dann noch teilten, als das Leben unser Lächeln mittels Hasenscharten entzweite. Ich verschleierte meinen Bizeps noch Jahre danach konsequent bei jeder Konversation mit Geschlechtsgenossinnen, betucht nannte mich keine und zur Gebärdensprache fehlte mir die Verve. Er blieb dem Mond treu und ging nur tagsüber mit Fremden, nachts aber beatmete er weiterhin meine Fußsohlen, besprach mein Rückgrat mit blanchierten Moosgummiperlen. Alleine meiner Rippen Echo blieb schwach und die Morgen danach waren still.

Eines Mittags aber überraschte mich beim traditionellen Serviettenfalten eine Botschaft in Braille. Mondgezeugt, ein Lächeln erwirkend, dass von den Fingerkuppen, über Ellbogen und Schultern erst in die Mulden unterhalb des Halses und dann meinen Rachen empor kroch. Schüchtern die Muskeln am Wegrand erweichend und schließlich meinen Lippen ein Ja abtrotzend. Und einen Schluck Calvados.

10 Gedanken zu „One sip at a time“

  1. amadea sagt:

    fusserl, deine sprache, diese sprache…
    du wort – schöpferin und -klauberin

  2. mq sagt:

    Ihre Texte sind Filme!

  3. kopffuessler sagt:

    amadea, lass uns die Worte schröpfen, solange sie noch Sprache in sich tragen!

  4. the thilo sagt:

    Ja, immer sehr schön zu lesen…
    Neid! : )

  5. King Fisher sagt:

    Habe ich schon mal erwähnt, dass mich Ihre Sprache (reichlich untertrieben) zutiefst beeindruckt?

  6. kopffuessler sagt:

    Herr Thilo, das freut mich. Und Neid ist fehl am Platz.

  7. kopffuessler sagt:

    King Fisher, habe ich schonmal erwähnt, dass mich Lob, zumal in dieser Konzentration, verlegen macht? Danke!

  8. burnttongue sagt:

    Damn! Das ist noch wahre Kunst.

    Zumindest hört es sich verflucht gut an, und das in Zeiten, da die Schönheit der Sprache nur noch von wenigen genutzt wird, um Wohlklang zu formen.

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