Geliebte

Periplus

Und du sangst in einer Gruppe, einem Jazzchor nicht unähnlich, einen englischen Song auf einer improvisierten, mehr als wackligen Bühne irgendwo im Grünen, bei dem jedes Wort mit „th“ beginnen musste und im Kontext nicht unbedingt Sinn ergab, und du lächeltest dabei verschämt ins Publikum, als ob du wüsstest, dass ich da stünde und dass wir alle, das ganze Publikum, noch nicht entschieden hätten, ob wir die Performance nun peinlich oder charmant fänden und wie wir dem Ausdruck verleihen sollten, du warst Jahre jünger und deine Bewegungen trotz der ungewohnten Situation auf einer Bühne zu stehen fließend und wäre da nicht dein Lächeln gewesen, ich weiß nicht, ob ich dich überhaupt erkannt hätte, zu neu deine Haarfarbe für mich, deine Silhouette, dein Gang, sogar deine Stimme, die ich aus dem polyphonen Sprechgesang zu extrahieren suchte, als mich dein Blick schließlich erreicht hatte und wenigstens ich wusste, dass das Dargebotene alles andere als peinlich, sondern wunderbar und rührend und dem somit überraschten und beschenkten Jubilar Freude und Ehre war, obwohl mir nicht mehr einfallen wollte, wer derjenige welcher denn nun eigentlich war und was der Anlass der Feierlichkeit, dem auch die Proseccogläser in unseren Händen geschuldet waren, mit denen wir jetzt, wo ihr im schrägsten Schlussakkord die Hälse verrenkt hattet, nicht wussten wohin, brauchten wir unsere Hände doch dringend für donnernden Applaus zur Untermalung des befreiten Gelächters und Ausdruck unserer Anerkennung von eurem Mut, eurer Phantasie und der erfolgreichen Umschiffung von Peinlichkeit gleichermaßen.
So hab ich in dieser Nacht das erste Mal geträumt von Dir.

8 Gedanken zu „Periplus“

  1. Frau Stella sagt:

    …der Text rührt mich. Sowas könnte mir auch passieren. Schön geschrieben, Danke.

  2. kopffuessler sagt:

    Hallo Frau Stella und dankeschön, er schrieb sich selbst.

  3. Ole sagt:

    …geträumt von Dir… das Ende dieses bezaubernden Kleinods… es ist eigentlich wunderschön. Eigentlich. Denn plötzlich habe ich so einen Matthias Reim-Ohrwurm… grausig. Wo die ganzen Schlagerohrwürmer nur herkommen? Ich höre sowas privat doch nie! 🙂

  4. mq sagt:

    Raus aufs Meer!

  5. kopffuessler sagt:

    Erstmal wieder Brot krumen und Zehen in Ackerfurchen häkeln. Dann schau ich weiter.

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