Gerede

Cosmopolitan Blues

Ich denke Kommata.
Kein Grund zur Beunruhigung soweit. Das Problem: Ich denke Kommata ausschließlich, ich notiere sie nicht. Dafür hege ich eine fast erotisch gefärbte Bewunderung für Semikola – allein der Name! Obwohl ja mehr als ein Komma, von der Bedeutung innerhalb der Satzstruktur, als auch von den ganz pragmatisch zu setzenden Zeichen her, trägt es den Namen Semi Kolon, halbes Komma. Eine halbe Portion! Und ich hab ein Faible für halbe Portionen (außer beim Nachtisch!). Im Deutschen irgendwo im Graubereich zwischen Komma und Punkt angesiedelt, dient es im Griechischen übrigens nicht zur Trennung gleichstarker Satzteile, sondern als Fragezeichen.

Aber zurück zu den Kommata, diesen kleinen sorgsam über Textteile zu verstreuenden Strichleins, die nie zu passen, gleichwohl aber überall zu fehlen scheinen. Im Englischen setzt man sie weit zaghafter, Not tun sie aber auch hier. Und es ist ja auch nicht so, dass ich sie nicht leiden könnte, ich weiß ihren subtilen Einfluss auf Sinn und Bedeutung sehr wohl zu schätzen, als Lesende, erst recht aber als Schreibende. Widerspruch? Jawohl, noch einer! Und dann kommt da einer, halb Puerto Ricaner, halb New Yorker und überhaupt Jahre in Japan und China gelebt und sagt wie es für ihn ist: Japanisch sei soviel leichter als deutsch, das hätte er gelernt. Und was mache ich? Denke zuerst an Kommata und dass mir im Japanischen noch nie welche aufgefallen sind.

(Das alles überspielt kaum, was wirklich in mir abläuft, ich weiß. Panik und Staunen verquirlt zu einer Anspannung, die sich schon Jahre nicht mehr gewaschen hat. Jedenfalls müffeln die meinen Nacken hinab rieselnden Schweißperlchen alles andere als exquisit. Selbst schuld? Ja, sicher. Selbst hinein manövriert in diese Situation, die so unglaublich, dass ich mich selbst nicht wiedererkenne. Es gilt bis auf Weiteres: Ja nicht fühlen und nur notfalls denken!)

12 Gedanken zu „Cosmopolitan Blues“

  1. King Fisher sagt:

    Ich mag sie auch, die Kommata. Und ich setze sie nach Belieben.
    Frei nach Schnauze, so zu sagen.

  2. Dottore No sagt:

    ..,- Ja, Kommaregeln muß man mögen. Ich betrachte Satzzeichen als expressiv verwendbare Strukturierungselemente; Punkt, Komma und Semikolon sind unterschiedlich starke Zeichen der Trennung – geil sind auch Gedankenstriche – inhaltlich gliedernd oder Sprechpausen abbildend.

  3. monolog sagt:

    Mir sind die Semikola lieber. Abgrenzung, eben doch ein wichtiges Thema, von Zeit zu Zeit.

    Nicht fühlen und nur notfalls denken stelle ich mir übrigens in Kombination schwer herstellbar vor – was tut man denn dann außer vegetieren?

  4. kopffuessler sagt:

    @King Fisher, frei nach Schnauze beliebt-geliebte Kommata, werd ich mir merken.

  5. kopffuessler sagt:

    Punkt, Punkt, Komma, Strich heißt es doch aber, Dottore! Machense mir nicht meine mühsam eingeprägten Reimchen darnieder…….. Gedankt sei der Strich in der Mitte? Wohl wahr!

  6. kopffuessler sagt:

    Abgrenzen ist wohl eine dieser lebenslangen Lektionen, monologa, im Übrigen stellt man – um Ihre Frage zu beantworten – vielleicht einfach auf Durchzug respektive Trieb? I do not know, nor do I fantasize.

  7. Ole sagt:

    Ich habe einen Komma-Salzstreuer und eine Satzzeichenmühle. Und ein Faible für schöne Texte. Und auch wenn ich zuletzt viel zu selten schaffe, zu Besuch zu kommen, lohnt es doch immer!

  8. kopffuessler sagt:

    Ole, Ole, oller Würzer – wo kämen wir hin, wenn stets zu Besuch? Grüß mir das Flachland, ja?

  9. Frau Stella sagt:

    Das kenne ich dieses nicht fühlen wollen, nicht realisieren wollen, wohin man sich gerade hinmanövriert hat.
    Wagen sie mal einen kleiner Fühler, ganz vorsichtig, zwischen zwei Kommas, auch, wenn es schmerzt. Es ist immer gut den Schmerz anzuschauen, nur so kann man ihm adäquat begegnen.
    Aber ich rede zuviel daher, ohne ihre Situation wirklich beurteilen zu können.
    Ich wünsche ihnen auf jeden Fall, dass sie bald wieder denken UND fühlen können.

  10. amadea sagt:

    Satzzeichen sind die Würze jeden Satzes. Aber ich würze sehr oft falsch.

  11. kopffuessler sagt:

    Kluge Worte, Frau Stella, ja. Hinfühlen im falschen Moment kann aber auch fatale Folgen haben. Ich sag nur Stichwort Zauberlehrling.

  12. kopffuessler sagt:

    aber deswegen auf glutamat zurückgreifen, amadea?

Schreibe einen Kommentar zu kopffuessler

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.