Gestern

Sonntage sind für leere Bücher und leere Bäuche gemacht

Gestern mit dem M. auf einer gar milchlüsternen Lesung mit teils Schweizer Akzent und langhaarigen Frauen im Publikum gewesen und prompt mehr blaubestrumpftes Bein gezeigt als gewollt – mangels Sitzmöbel. Trotzdem gelächelt, viel und heimlich und laut und mich an Wortwendungen gefreut, die unter dem Stirnband getragen, in die Jauchegrube geschüttet und den Tücken der Kommaregelung gewidmet waren. Am Abend danach, im Bad beim Zähneputzen, die unverdauten Satzfetzen unter der Zunge hin und hergeschoben. “Er verliebte sich immer in Frauen, die er nicht mochte” behauptete Judith Keller, während Jan Snela “in Gesichter geschriebenes Bangen, das Geld möge reichen” heraufbeschwor – draußen war es erst dunkel geworden, während wir dem zweiten Schwung Texte lauschten.

Beim ersten hatte es noch hörbar in Strömen geregnet und Jan Snelas Milchbad erschien vielleicht gerade deswegen so verführerisch, vielleicht aber auch wegen des Schmands und der Extraportion Sahne. Dem wieder anhaltenden Regen zum Trotz den Heimweg zu Fuß auf die Füße getreten, das Fahrrad samt Lampe nebenher geschoben. Nachts dann doch wieder in Bildern geträumt, kein Text, keine Legenden, nicht einmal Untertitel. Beim Aufwachen den Regen vermisst und die Sprache, das alleine sein vor dem gemeinsamen Frühstück drum genossen und nur mit einem heißen Kaffee mit extra viel Milch genossen. Auf dem Balkon.

Später geputzt statt geschrieben, geradelt statt gerannt, gekocht statt gebacken und gegen die ob des Föhns dräuende Migräne gewettert. Vier Kilogramm Obst und Gemüse reicher gelang zwar das kunterbunte Ausschöpfen aller in der Wohnung befindlicher Vasenkapazitäten, der Sonntagsblues aber blieb und das zuweilen aufmüpfende Lachen, unter Berufung auf die akute Erschütterungssensibilität des oberen Schädelknochens unterdrückt, grunzte zurecht verächtlich. Immerhin dem Schweigen gegen Tea o’clock das ein oder andere Wort abgetrotzt – wenn auch unzusammenhängend und ohne Adressat – und schließlich doch noch einen großzügigen Löffel Erdnussbutter in die bereits sämige Sauce gerührt, gar ein Buch zur Hand genommen, ein leeres.

2 Gedanken zu „Sonntage sind für leere Bücher und leere Bäuche gemacht“

  1. kopffuessler sagt:

    Aber nur weil ich hier nichtmal zum Moderieren komme, sorry! Und danke!

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