Des Morgens aber, siehe es war Nichts, und das Nichts hatte den Tag auf dem Kieker. Das Nichts, das so unmöglich wie nötig, so unsichtbar wie allgegenwärtig, so absolut wie widersprüchlich daherkommt, hat es in sich, je mehr man sich darauf einlässt. Wie fruchtbar so ein Wort sein kann, wenn wir unsere Aufmerksamkeit eine Weile daraufrichten.
Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht Ding noch großen Aufhebens wert, es ist ja nichts. Rien. Rien du tout! De rien, sagt die Französin entschuldigend, der Engländer wundert sich: Von nichts kommt nichts, es ist nicht der Rede wert, its nothing at all. Überhaupt gar nichts, versuchen wir zu steigern, was sich nicht verkleinern lässt. Das große und das kleine Nichts.
Was wissen wir über seine Ausmaße, fragen sie zurecht. Ob und wie sehr sich die beiden unterscheiden, das vermeintlich kleine Nichts und das große Alles? Man möchte ein Kinderbuch dazu illustrieren, also ich. Mit Kreisen und Überlappungen und in der Mitte das Menschlein, nicht nichts und nicht alles, doch ohne ihm weder alles noch nichts, es bleibt eine Frage des Bewusstseins und nicht zuletzt der eigenen Verortung im Weltenall.
2020 war für viele ein Jahr voller Nichtse und stellte zum Ende die Frage: Von einem Nichts ins Nächste? Was kommt als Nächstes? Ich bin der Ziele, der treffsicheren Sprache, der Fabulierlust und Fragestellungen gerade ein wenig über und würde gerne einfach gehen. Ent-Kommen, aus-nichtsen, nicht das Jahr sondern die Fragen danach.
Nichts erwarten, nichts vornehmen, nichts Raum geben – ankommen an einem Ort, der keiner ist, mehr Zeitraum als Geodatenmenge, mehr Untiefe als Landmarke. Eintauchen in eine Welle, die gespürt werden will, bevor man sie surft, die das Salz nicht auf der Zunge lässt, sondern bis in den Magen spült. Die will, dass du dich ihr übergibst, mit Haut und Haar und dich erst dann auftreten lässt, wenn sie dich ausspuckt.
Des Morgens aber, siehe es war nichts. Es war und ist alles und zwar hier und jetzt vergangen, dir entgangen wenn du da bist und nie wieder in die Knie gehst. Nimm an und sei nichts, was du nicht bist, wenn ich bei dir bin und die Nacht noch geöffnet.
Mit geschlossenen Augen sind wir alle im Lot, halb Habenichts, halb voll und in Armen zu genießen, die das Sein im Werden ahnen, frühmorgens, wenn der Tag noch möglich und die Nacht noch wach.
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Dieser Text entstand angeregt durch die School of Nothing von Martin Ciesielski, Dezember 2020.