Gelage

Dein Rücken, eine Einladung zur Mäander

Wer wohl auf die Idee kam, ein einziges Wort, ein Wort wie Rücken für dieses Land mit eigentlich nur fühlbarer Grenze auszuwählen? Rücken, als könnte man ihn rücken, verrücken, rüberrücken, als könnte man von ihm abrücken, ihn unterdrücken vielleicht gar; dabei tut er gerade in deinem Fall vor allem berücken, und zwar mich. Von zwei Schultern überdacht, einer Wirbelsäule getragen und, geteilt in rechts und links, ist er mir Meister des nonverbalen Imperativs: Touch me! befiehlt er meinen Händen und Wangen, sie mögen sich auf ihn legen, an ihn schmiegen, ja, definitiv näherrücken.

Auch meine Augen fühlen sich von deinem Rücken angesprochen, angezogen im positivsten aller Sinne, magnetisch über Stunden hinweg. In teils kompetitiv ausufernder, teils versöhnter Ergänzung zur Berührung qua Handinnenflächenanteilen, den Fingerbeeren, den Ballen, flaniert mein Blick wieder und wieder über seine Körperschaften, erkundet Mulden und Perspektiven, grast Grenzlinien ab, spürt Ruheoasen auf. Nicht müde werdend, denn im Gegenteil nährend scheint dieses als Rücken wirklich nur ungenügend gefasste Terroir auf meinen Leib zu wirken. Kaum Ecken und Kanten, dafür viele unterirdische Flussläufe, Erhebungen aus längst vergangenen Zeiten, manche knochig Zäsuren andeutend, andere sich bei der leisesten Berührung in Bewegung bringen lassend.

Aus der Distanz ergibt sich ein Escher’scher Kosmos, der sich mit jeder deiner Bewegungen, meist erwischt mein Blick ihn zur Gänze nur im Schlaf, etwa in den frühen Morgenstunden, wenn die Decke dich freigibt und das Licht bereits ausreichend aktiv zugegen. Dann eröffnen sich die Dimensionen, mit jeder deiner Atemzüge sich ihrer eigenen Lebendigkeit auf ein Neues bewusst werdend, scheint es. Dann rückt ein Schulterblatt nach vorne, knickt eine Lende ein, öffnet sich eine Flanke und bietet Haut voran unendliche Weiten zum Touchdown an. Who am I to resist, fragt sich mein längst lustvollst verführtes Hirn meist erst wenn meine Hand längst auf Landgang, von meinem Blick pavlovesk begleitet.