Geliebte

Berladelphia, mein!

Unter dem linken Auge blind

Berlin – du eisheilige Geliebte mein, Bild- und Baustelle, du mir An- und Umvertraute. Komm, schmieg mich in deine Schatten, verzärtele deine Macken, ring mich in Grund und Boden, mietfrei, gib mich dir dort anheim, wo du die tiefsten Schrunden und den sattesten Speck trägst: Wir haben viel gemein.

Den Weltfrieden im Herzen, den Kopf in den Wolken, sind deine Knie stets blutig geschlagen, dein Lächeln verschämt, verrutscht, wie dein Kniestrumpf, den du sichtbar trägst. Du kennst keine langen Hosen, du magst eigentlich weder Strumpf noch Sandale und wenn Marianne vom Sommer ohne Schuhe schwärmt, stimmst du ansatzlos in ihr Halleluja ein.

Enjoy right now

Heuer flirtest du sogar mit dem Winter, die Arme voller Herbstlaub, ziehst du Bilanz über den Sommer, den du verschmäht hast und sehnst dich doch nach nichts mehr als nach Sonnenstrahlen, die durch deinen trotzig aufgeschlagen getragenen Wintermantel wärmen. Nimm dir die Butter von meinem Brot, möchte ich dir zurufen und mich auf deinen laublüsternen Asphalt betten. Nackt, nüchtern und zu allem bereit inmitten dieser Herzberge, die du dir da in den Osten gesetzt hast, heimlich versteht sich, Scheinberge geradezu.

Sei mir Gefahr und Gefährtin, Baby, lock mich, wohin du willst, ich reich dir den kleinen Finger montags und wochenends die ganze Hand, im November aber, mein Herz. Nimm mich, wie nur du ein Angebot ausschlagen und zu einem Geschenk machen kannst, verführerischste aller Naschkatzen, die du im Innersten geblieben bist, da wo selbst du nie auskühlst, kurz vor Sibirien hin oder her, hast du gehört, gierschlündiges Grau?!

 

Geliebte

Butterbrotkind

Du schmierst dir die Butter wurstfingerdick aufs Brot, weil’s schmeckt und die Gedanken schmiert, derer auf der Alm so viele wie im Tal sich winden. Die Berge stehen dir gut, wobei das Schreiben der Städte hörbar bleibt auch hier, der Schnee fällt früher dieses Jahr, doch nicht dicht genug, dich vor der Heimkehr zu retten.

Auch der Schmerz in dir bleibt, die Schulter steif, die Zukunft. Der Ofen brennt so lange du ihm Holz an die Lippen reichst, immer ein Ster zu wenig und doch genug, deine Füße zu wärmen. Hier, wo die Butter aus dem Faß kommt, die Blaubeeren wie von selbst den Weg in die Buttermilch finden und der Käse weiterhin im Laibchen auf der Theke tanzt ist die Heimat nicht deine. Und doch, wenn eine Stimme lacht und die Sonne von hinten wärmt, deinen Rücken erst und dann den Raum mit dieser staubigen Wärme, die gleichzeitig Geborgenheit, lässt du das Begehren grummeln.

Heute abend vertiefen wir unsere Zähne abwechselnd ins Butterbrot und lesen am Abdruck die Zuständigkeit für den Abwasch ab. Oder die Zeche. “Alt Berlin” steht an der Tür, Gin Tonic und Bier sind am Start und auf Wunsch geht sogar die Musik ein paar Grad leiser. Wir strahlen, tasten, tummeln durch Themen, die andernorts Skandal; zwischen uns wird nicht viel Aufhebens darum gemacht, die Vorfreude, so stumm wie unverhohlen, teilt ihre Brote nicht.

Alltag, halt bloß Abstand, verpass den Bus, mach blau, whatever, wir schaufeln uns hier gerade frei!