Gelüste

In Grund und Boden

Ich weiß ja, du kannst nichts dafür. Im Gegenteil, es ist ja Liebe. Auch der Arzt nicht und nicht die Eltern, der Typ am Telefon nicht und nicht die dusslige Apothekerin. Auch der zwinkernde Anwalt nicht und nicht die drei Mädels vor mir an der Kasse, nichtmal die Schwangeren in der S-Bahn und nicht die Frau S., die mir die Absage heute schickte. Der Ofen nicht, auch wenn er die Kekse verbrannte, der Dieb nicht, auch wenn das Fahrrad meines war, der April nicht, auch wenn das Wetter besser sein könnte.

M. nicht, denn warum auch nicht, eine Umarmung hat noch niemandem geschadet, und C. nicht, der versteht bestimmt noch nichtmal warum ich nicht kam. K. nicht, denn wer würde bei New York schon nein sagen. J. wahrscheinlich auch nicht, aber nein, ich möchte keinen Trost.

Und doch. Ich würde so gerne schreien, euch alle in Grund und Boden.

Gelüste

Zu früh gefreut

“Pornös” habe ich am Wochenende beim Jugendsprache-Vokabeltest gelernt. “Dir wachsen Ohren aus den Haaren” selbst erfunden. Sonst wenig bis kaum albern gewesen, zwar ein paar Sonnenstrahlen eingefangen, leider aber falsch abgespeichert. Es bleibt also noch ein paar Tage Winter zwischen Kopf und Fuß. Was schade ist. ziemlich sogar. Hello is not like I would say Goodbye.

Der Boden war nämlich aufgelockert worden, mit Spitze und Hacke, fast möchte ich sagen er f(roh)lockte geradezu. Dabei leider versäumt, den Neid zu vergiften. Alles, aber auch wirklich alles färbt er bittermandelscharf. Lässt keinen Krokus blühen, raubt noch dem letzten Schokoladenei die Unschuld samt Sommerkleid und Spitzenunterwäsche. Macht Knie zu Beulen und Lust zu Gier. Verschluckt sich noch an der schüchternsten Silbe Zärtlichkeit.

Hinfort ist das Beben am oberen Magengraben, und der Rhabarbersaft sprudelt auch nicht mehr den Glasrand überbordend. Es ist nicht so, dass ich nicht gewollt hätte, ich hätte sogar das Haar blond und die Fingernägel knallrot angemalt, ich hätte das Gummiboot entführt und die Herzklappen fensterladenweit aufgestoßen. Allein, schon der Blick aus dem Fenster offenbart der Innensicht Einsamkeit en masse und ein Außen, das mich nicht trägt. Zieh ich das Knie eben wieder ans Kinn und bete, die Mauern mögen noch ein wenig halten, porös wie sie sind.