Geliebte

Periplus

Und du sangst in einer Gruppe, einem Jazzchor nicht unähnlich, einen englischen Song auf einer improvisierten, mehr als wackligen Bühne irgendwo im Grünen, bei dem jedes Wort mit „th“ beginnen musste und im Kontext nicht unbedingt Sinn ergab, und du lächeltest dabei verschämt ins Publikum, als ob du wüsstest, dass ich da stünde und dass wir alle, das ganze Publikum, noch nicht entschieden hätten, ob wir die Performance nun peinlich oder charmant fänden und wie wir dem Ausdruck verleihen sollten, du warst Jahre jünger und deine Bewegungen trotz der ungewohnten Situation auf einer Bühne zu stehen fließend und wäre da nicht dein Lächeln gewesen, ich weiß nicht, ob ich dich überhaupt erkannt hätte, zu neu deine Haarfarbe für mich, deine Silhouette, dein Gang, sogar deine Stimme, die ich aus dem polyphonen Sprechgesang zu extrahieren suchte, als mich dein Blick schließlich erreicht hatte und wenigstens ich wusste, dass das Dargebotene alles andere als peinlich, sondern wunderbar und rührend und dem somit überraschten und beschenkten Jubilar Freude und Ehre war, obwohl mir nicht mehr einfallen wollte, wer derjenige welcher denn nun eigentlich war und was der Anlass der Feierlichkeit, dem auch die Proseccogläser in unseren Händen geschuldet waren, mit denen wir jetzt, wo ihr im schrägsten Schlussakkord die Hälse verrenkt hattet, nicht wussten wohin, brauchten wir unsere Hände doch dringend für donnernden Applaus zur Untermalung des befreiten Gelächters und Ausdruck unserer Anerkennung von eurem Mut, eurer Phantasie und der erfolgreichen Umschiffung von Peinlichkeit gleichermaßen.
So hab ich in dieser Nacht das erste Mal geträumt von Dir.

Gestik

Dämmerung

Ballen für Ballen Strohsterne mir unter die Haut gepresst, ohne Marginalspalte versteht sich. Kolumnentitel aus der Nagelhaut geschält, dreifach gefalzt und vermittels des Daumenballen glattgestrichen. Atemzüge verfolgen noch das Rascheln der Fingerknöchel dicht über der Tastatur, da öffnet sich schüchtern ein Blick am Nebentisch, wirft einzelne Kekskrümel fragend zwischen die Schatten. Gönnt sich genießerisch funkelnd ein Abwarten hinter vorgehaltenen, wenn auch grobmaschigen Wimpern.

Die Knie bleiben geschlossen, die Knopfleiste im Lot versenkt, indes die bedeutungsschwangeren Fältchen der Handinnenflächen sich merkbar mit Feuchtigkeit füllen. Da schwimmt die Lebenslinie noch ehe der Schluckauf bemerkt und nur gut, dass der kleine Finger bereits das Seepferdchen am türkis-lila gestreiften Bikini trägt. Der Blick aber lässt keine Ablenkung zu und tastet sich den Zeigefinger entlang zum einzigen wiedererkennbaren, weil besonders grobkörnigen, der zuvor mutwillig ausgesetzten Krumen.

Kanunomaden wären jetzt willkommene Gäste, die Armada Serviettenschiffchen ist längst gefaltet und für den Kiel breit Wasser wird gerade gesorgt. Die Handflächen nach oben schiebt sie die Keksrudimente gen Kante, sorgsam das Nass vor dem Überlaufen bewahrend. Sein Blick hält noch die Spannung und dann schwappt doch eine Welle über, ertränkt den Krümel, die Spannung. Und hätten die Strohsterne nicht hochkantig störrisch dem plötzlichen Fluss Einhalt geboten und die nassen Finger gespreizt, das Lächeln hätte auch die Nacht unter ihren Nägeln geflutet.