Mitunter tut es gut und not, die Ohrmuscheln voll chlorifiziertem Wasser laufen zu lassen. Dass dabei auch der Restkörper nass wird – tanto faz. Im Gegenteil, ganz bedeckt wird es am eindrücklichsten leise, leiser, aber nicht lautlos. Mehr schallgedämpft, weichgespült, schutzgepolstert. Und während sich die Ohren hinter meterdicken Wassermauern einigeln auf dass die Welt in einer gefliesten Stille versänke, pocht das Herz doppelbödig weich von innen gegen die Schädeldecke. Das Herz gibt den Rhythmus vor, Paukenschläge samtig warm, alles andere verstummend lassen. Der Grundbass als Inspiration für eine tonlose Melodie aus Stillen unterschiedlicher Qualität. Und gleichzeitig wird jede Bewegung, jeder zu schnell gedachte Gedanke nur, Ton, bekommt eine Klangfarbe, einen Hall, zuweilen gar einen gehauchten.
Nach Minuten erst ist das Ohr ausreichend genau auf Stille geeicht, dass Nuancen wieder hörbar werden. Innen wie außen gibt es Anklänge zu erlauschen, wellenförmig an das Außenohr herangetragen, von der Muschel dann sachte ins Innenohr weitergegeben. Luftbläschen kitzeln die drohende Ruhe hinfort, es soll ja gehört werden, nicht geschlafen. Abgedämpft durch das Wasser schon und nur mehr promillehaft Vibrationen aussendend, werden Schall und seine Signale von Gehörknöchelchen dankbar empfangen. So raunen muskelrelaxierende Sinuskurven durch die Gewölbe, Gang für Gang erobernd, und den angrenzenden Leib Muskel für Muskel in die Knie zwingend. Rein metaphorisch versteht sich, eigentlich geht es eher um sich ausdehnende Muskeln, Fasern zerplätschernde Sogwirkungen und verführerische Schwere, ganzheitlich.
Das arhythmisch strampelnde linke Bein meines Vordermannes schlägt da viel zu hohe Wellen, als dass ich sie ignorieren könnte. Es überwindet mühelos sämtliche Schallschnellen, tönt blechern mir von der Hektik des Alltags. Und schon bin ich wieder hellwach und in Habacht, weiche Wellen aus, die eben noch sanft-freundlich mein Gehör liebkosten und meine Haut gleichermaßen umschmeichelten. So kraule ich denn auch was das Zeug hält einer Dusche entgegen, die, Schleuse zwischen tiefer See und trockenem Land, mir den Chlorsand aus den Poren spült.
Ole sagt:
Ich gehe ja fast nur im Freien schwimmen. Wo die nächste Dusche weit weg ist und der Sand noch ein paar glitzernde Krusten bilden oder mit dem Restgehörgangswasser Matsch spielen kann, ehe ich ihn unter heimischem Strahl fortspüle. In Kiesgruben, Seen, im Kanal oder dem offenen Meer, da strample ich gern. Bei chlorierten Hallen- und Freibädern muss schon ein besonderer Anlass oder spezieller Reiz (z.B. die wunderbaren Bäder in Budapest) vorliegen, um mich in die scharfsüßsaure Plörre tauchen zu lassen. Chlor ist nicht so meins. 🙂
kopffuessler sagt:
Chlor find ich noch das Angenehme dabei, das beißt so schön den Schmutz aus den Poren. Das Drumrum find ich allerdings eklig. Und erzähl mir nix von Sand unter den Zehennägeln, das wirkt bei mir in Promillesekunden aufs meersuchende Fernwehzentrum.
Ole sagt:
Ich beiß mir auf die Lippe.
kopffuessler sagt:
Der Ästhetik wegen bitte auf die Unterlippe 🙂
Ole sagt:
Rein motorisch gedacht, würde ich tippen, man könnte sich nur “unter” die Oberlippe beißen. Von oben “auf” die Oberlippe zu beißen, stell ich mir bei allem mindestens schwierig vor. Insofern bleibt es ein Leichtes, Deinen ästhetischen Wünschen nachzukommen. 🙂
kopffuessler sagt:
Hm, Du kannst doch aber mit den Zähnen des Unterkiefers von unten auf die Oberlippe beißen? Aber lasziv ist eben anders 😉