Ein Abend in einer ausgekühlten Kirche mit ausgefallener Technik kann erstaunlich fruchtbar sein, wenn Doris Dörrie mit im Raum ist. Ich konnte gar nicht so schnell mitschreiben, wie sie Bonmots und Erlebtes in eine Sprache goss, die so lebendig und sympathisch wie einprägsam, aber lest selbst:
13 erlebte Sätze
1. Filme sind die Schlagsahne.
2. Öfter mal begeistert lieben!
3. Aber Vorsicht, Liebe wohnt direkt neben der Katastrophe.
4. Der eigene Atem tut nicht weh.
5. Zen-Buddhismus ist etwas für Protestanten, weil man im Zen-Buddhismus weisse Wände anschaut. Da friert der Protestant und fühlt sich zuhause.
6. Lebenswege sind viel verschlungener als wir uns und unsern Kindern gern vormachen und auch sehr abhängig von anderen. Es braucht Menschen zur richtigen Zeit, Menschen, die eine entdecken, fördern und fordern.
7. Es ist uns näher, zu konsumieren als herzustellen. Es ist einfacher, einen Film anzugucken als einen zu produzieren.
8. Der Moment der Enttäuschung ist Teil der Konsumerfahrung.
9. Selbst eine Sandburg zu bauen, idealerweise ohne das Ziel eine Sandburg bauen zu wollen verortet uns in der Welt.
10. Der ungeschriebene ist immer der bessere Roman. Er ist nur kein Roman. Der geschriebene Roman umfasst immer auch die Enttäuschung der eigenen Unzulänglichkeit, die Gegenüberstellung zwischen dem Möglichen und dem der Realität.
11. Scheitern ist genauso egozentrisch wie der Erfolg.
12. Langeweile ist ein guter Nährboden für neue Geschichten.
13. Statt Gelassenheit öfter mal Zuversicht üben.
Dörrie’sche Zitate für wenn mal Not am Zitat ist oder Dörrie spontan verfallen möchte:
1. “Der Schreiner muss viele Bewegungen machen bevor ein Tischbein draus wird”
2. “Es gibt schon so einen Shit-Detektor, aber es ist schwierig, nicht zu schummeln und gerade bei Film kann man sich sehr gut sehr lange was vormachen.”
3. “Ich hatte nie ein Problem mit Autorität.”
4. “Setz dich hin, halt den Mund und atme.”
5. “Ich meditiere schlampig.”
6. “Der Kern? Da bin ich noch lange nicht. Ich halte nur die Klappe und atme. Und selbst das fällt mir schwer.”
7. “Ich kann es mir so schlecht merken, dieses Jetzt.”
8. “Das meiste was ich schreibe, find ich doof.”
9. “Ich langweile mich wahnsinnig gerne.”
10. “Es regnet und mein erster Gedanke ist: Dauerregen. Dabei muss ich mich erwischen, um an andere Möglichkeiten denken zu können.”
11. “Umgang mit schlechten Kritiken? Ich vertraue inzwischen auf das Vergessen.”
12. “So eine Teezeremonie ist der Killer.”
13. “Von meinen Figuren lerne ich viel, die wissen oft viel mehr als ich.”
Dörries’ Tipp für Mai bis September
Mobile Hängematte aus dem Outdoorladen in die Handtasche und zwischendurch zwischen zwei Bäumen ein halbes Stündchen in den Himmel gucken)
Und im Winter? Mit den Liebsten auf die Coach und das persönliche Dörrie Film- und Lese-Festival einläuten. Nicht vergessen, mich einzuladen!