Schönheit, sagst du, sei Klarheit, das will mir nicht in den Kopf. Schönheit, will ich ansetzen, ist alles andere als Klarheit, ist diese ergreifende, nicht greifbare Erscheinung, dieses Wow, das aus dem Kehlkopf steigt. Ist gierig und sich selbst genug, ist rund und Askese, Abwesenheit von Zeit und Reife zugleich. Ist Abenteuer und Ankunft, Aufbruch und Vanitas, Stille und Aufschrei.
Schön seien die anderen, erwiderst du, niemals man selbst und ich frage mich, wer dir den Spiegel vorgehalten hat ohne dir dein konvexes Wesen vorzustellen, Schönheit vollendet sich immer im Auge des Betrachters, möchte ich ergänzen, serviert zwischen dir und mir, da wo dein Atem den meinen umschmiegt, und weiss zugleich, wie wenig das Auge allein richten kann über Schönheit und ihre Anverwandten.
Schönheit will gesehen werden, schließt du und ich rufe alle schönen Geister, sich zu versammeln: Schatten und Schäreninseln, Edelfräuleins und Eremiten, im Gegenteil, will ich rufen, Schönheit braucht Einsamkeit, um zu wachsen, Schilf, um zu gestalten, Wundheit, um zu gedeihen, Stille, um zu verweilen. Schönheit will malen, gestalten, schaffen, schreite ich ein, und ist, um geschaffen zu werden, geboren: Gestatten, von und zu Widerspruch mein Name, mit doppeltem Ach und unlauterem Fluch im Abgang!
T.M. sagt:
Schön ist etwas immer, wenn es am meisten es selbst ist, wenn ich Schopenhauer richtig verstanden habe. So ist es bei einem Baum oder einer Handvoll Wasser genauso wie meinetwegen bei einem Hund oder einem Menschen, auch bei einem selbst. Fraglich ist demnach, in welcher Hinsicht ein Kunstwerk schön sein kann.
Anne Seubert sagt:
Schopenhauer? Gewagt! Schön in meinem Sinne, dich zu lesen. 4 Zeilen weit und zurück. Grüße gen Pass?