Seine Kniekehle schluchzte unterdrückt bei jedem Schritt, doch ganz Arzt, gab er dem Schmerz nicht nach, sondern machte die Kehle sich unbarmherzig beugen. Er duldete keinen Stillstand, blieb auf der suche, besessen von den kleinen Dingen, die ganze Universen in sich tragen. Und mochte er auch nach dem Wurme bloß getauft worden sein, erwar zu höherem berufen. Die Kniescheibe knirrschte, dem Trotz eine Oberstimme verleihend.
Denn egal ob Rune oder Muschel, Larve oder Setzling, er wollte sie alle haben. Sanft aber bestimmt säuberte er sie von eventuellen Schmutzpartikelchen, mumifizierte oder notierte er jedes Merkmal, vergleicht und misst, zertifiziert und präpariert sie zu Exponaten, um ihnen schließlich ihren Platz zuzuordnen. Regalboden für Regalboden, Schächtelchen für Schächtelchen füllte er den Raum bis unter’s Dach, auch noch in die kleinste Ecke hängte er Erkenntnisse und vom First ließ er es Fischschuppen regnen.
Das war lange vor unserer Zeit, es gab Kurioses in Hülle und Fülle, man kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Pflänzchen wurden bestimmt und Herbarien angelegt, Tierarten und –abarten klassifiziert und Kreuzungen herangezüchtet. Aus fernen Ländern, die Paradiesen anmuteten, gab es Perlmutt, das so glänzte und funkelte als wäre es aus edlem Gestein. Es gab Tinkturen und Öle zu erschnuppern, Wirkstoffe herauszudestillieren, es gab Leiber zu sezieren, Höhlen zu durchleuchten. Alles war neu und wundersam, rar und kostbar. Es galt, es zu präparieren, zu präsentieren, es galt, zu sammeln!
kid37 sagt:
Ganz toll. Schön, diese “Turboschnecke”. Vor zehn Jahren gab es in Bonn eine große Ausstellung zu “Wunderkammern”, mit vielen Exponaten und geschichtlichen Entwicklungen, Irrungen und Wirrungen. Nicht unbedingt meine Initiation, aber ein großes Aha-Erlebnis. Meine Wohnung ist dennoch eigentlich ganz aufgeräumt.
kopffuessler sagt:
Ja, es gibt da ganz tolles. Wir haben hier die Kataloge von heutigen Wunderkammern und alte Inventare. Faszinierend auf eine Art. Wobei ich das prunkige nicht so mag, die Nautiluspokäle etc. Dann schon lieber die verkruschtelten Sammler mti ihren Setzkästen.
(Ich wollte Dir kein Messietum unterstellen!)
Ole sagt:
Ich habe ja vor wenigen Tagen gelernt, dass vor allem zum (unargentinischen) Messi wird, wer seinen Dingen Namen gibt.
kopffuessler sagt:
Stellt sich die Fragen: Welchen Dingen welche (argentinischen?) Namen?
amadea sagt:
Bei dem Titel denk ich um die Zeit an den Niko.
Bin erleichtert – heute nachmittag funktionierte der Link nicht.
Und die Traurigkeit ist hoffentlich wieder verflogen 🙂
kopffuessler sagt:
Stimmt, der Lausi sollte ja heute kommen. Hm, bisher noch keine Spur, aber ich geb ihm noch ein bißchen Zeit 🙂
Ole sagt:
Es gibt einen argentinischen Fußballstürmer, der für den FC Barcelona spielt und Messi heißt. Ansonsten kann man von der Spülmaschine über Flugzettel, Wassergläsern bis hin zu Kugelschreibern und Teebeuteln ja so ziemlich allem Namen geben, prompt baut derjenige dann eine emotionale Bindung zum Gegenstand auf und mag ihn nicht mehr wegwerfen, so die Theorie der Messilogen. 🙂
kopffuessler sagt:
Und das wo so viele Menschen Probleme haben, sich die Namen ihrer Mitmenschen zu merken. Mein Lieblingsteebeutel bleibt jedenfalls ohne Namen, nachher verlangt er sonst ein Klingelschild samt Gegensprechanlage un damit wären meine Tassengarde heillos überfordert.