Geliebte

Molluske

Der schmerzhaft sich einwärts krampfende große Zeh weckt ihn noch vor fünf Uhr morgens, dabei schlief er mittwochs gerne bis neun. In dem Versuch, den Zeh zu lockern, rutschte die Decke ihm über’s Knie – da war es endgültig aus mit Träumen jenseits der Fußsohle. Er hielt die Augen auch noch geschlossen, als er sich knieabwärts wieder unter die Decke bewegte, er tat das schließlich nicht zum ersten Mal.

Als auch der linke Fuß wieder warm, öffnete er das rechte Auge. Es war ihm eine liebe Gewohnheit geworden, stets zuerst das rechte Auge zu öffnen, bevor sich das linke, weitaus empfindsamere, wie er eines Abends feststellen durfte, dem Tageslicht stellen sollte. Er hatte damals beide Augen erst in Salzwasser getunkt und dann der Mittagssonne ausgesetzt. Das rechte hatte ihm den tropischen Cocktail nicht übel genommen, das linke aber hatte bis weit in die abendliche Dämmerung hinein leise getränt.

Die Weichheit des Kissens am Hinterkopf wissend, tastet sich das rechte Auge die Tapete der gegenüberliegenden Wand empor, bis sich das schlierige Dunkelgrau in ein tröstendes Crèmeweiß ergibt. Die Wimpern geben nur zögernd mehr Blick frei. Er seufzt probeweise, den Mund halb mit der Decke gestopft und entspannt sich ob des Ergebnisses. Es wird ein Tag wie jeder andere werden, er wird sich einige Stunden winden, einige stolpern und die letzten dreieinhalb in halbleere Gläser seufzen. Aufstehen aber so schnell nicht.

4 Gedanken zu „Molluske“

  1. amadea sagt:

    Mein linkes Auge ist auch empfindsamer als mein rechtes. Manchmal. Vor vielen Jahren stach mich eine Yucca-Palme. Und as hat das Auge noch nicht verziehen.

  2. kopffuessler sagt:

    Ihm trug sein linkes Auge wohl auch so manches nach, ja. Dammit!

  3. kid37 sagt:

    Interessant, denn nach einem Fingerstich vor Jahren leidet mein linkes Auge auch immer wieder mal. Ah, die köstlichen Gebrechen!

  4. kopffuessler sagt:

    Ich hätte da noch ein paar in liebevolle Hände abzugeben. Interesse?

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