Mein Knie hat Heimweh, sagt es, und ich tätschele es heimlich beim Gehen. Wird schon wieder, flüster’ ich mir unter den Rock. Nur noch ein Stückchen geradeaus, über die Ampel und dann noch die Treppen hoch. Ich verschweige, dass dieser der längste Teil der Reise werden wird. Aber schon auf dem Hinweg hatte das Knie genölt, wollte gar nicht erst losgehen. Und als wir endlich angekommen waren, fing das an mit dem Heimweh. An der Ampel auf Grün wartend, knirrscht das Knie ein “Wie lange noch?“ und ich bin für einen Moment versucht “Wenn Du jetzt brav bist, gibt’s nachher ein Eis“ zu antworten. Beherrsche mich aber.
Stattdessen verbünde ich mich mit der rechten Wade. Die ist das heimwehkranke, wehleidige Knie schon lange überdrüssig, bewahrt aber Contenance. Rückwärts anmutig gewölbt, bietet sie jedem Angreifer, der sich ihr von vorn zu nähern wagt, die Stirn. Das Knie im Nacken, geht sie aufrecht, ohne steif, greift aus, ohne forsch zu wirken. Sie weiß sogar um meine heimliche Verehrung, und hat auch jetzt tröstende Worte für mich. Es ginge vorbei, das Fremdeln des Knies sei nichts als eine Phase, typisch für Adoleszenten. Bald schon wäre es wieder nicht zu bändigen wenn es darum ginge, neue Wege zu beschreiten, ich brauche mich nicht zu sorgen.
Ich sorge mich auch nur bedingt, ich bin vielmehr genervt. Habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich Ziele fern der Heimat ansteuere, und vor allem wenn ich an ihrem Erreichen festhalte. Ich habe nur bedingt Verständnis für das Leiden meine Knies, trotzdem tut es mir weh. Ich würde gerne helfen, aber nicht indem ich mein Fernweh zügelte. Schlussendlich wird es wohl auf einen Kompromiss hinauslaufen und wir werden das Leid möglichst gerecht verteilen. Oder einer von uns wird ganz schnell erwachsen, aber das sehe ich so gar nicht.
Im Gegenteil, da wartet noch eine ganze Menge pubertärer Trotz.
amadea sagt:
Denk mal nach, warum es weh tut, das Knie. Es will dir bestimmt etwas sagen.
Übrigens – würde mich freuen, wenn du nach Österreich kommen würdest. Es würde dir gefallen hier – in Salzburg 🙂
kopffuessler sagt:
Liebe amadea, herzliche Grüße vom Knie. Es bedankt sich für die Fürsprache! Abgegeben ist, ich überleg mir das mit Salzburg 🙂