Geliebte

Stell mir ein Herz in den Schatten, ein Glas dazu

Herz im Schatten | © Anne Seubert

Der Zug hält noch dreimal, verrät der Schaffner unwissentlich präzise, bevor wir uns wiedersehen. Zeit, das Licht aus den Schatten zu schöpfen, die du unter den Achseln trägst und den Schlüsselbund zur Gegenwart zu suchen.

Trocken, sagt der Mann an der Bar, das ist es was du willst und stellt mir ein weitgereistes Herz in den Schatten, ein Glas dazu. Er weiss nicht, dass ich das Meer bin & das Salz in mir trage wie die Süße eine Jugend, um die sie jeder beneidet, und meine Insel längst gefunden. Das Fernweh flüstert Gute Nacht und bettet sich zwischen die Zweige am Fenster.

Ich lege meine jüngste Vergangenheit ab und einen neuen Duft auf, beobachte dein Lächeln in meiner Erinnerung, male deine saftigen Hügelketten mir auf den Gaumen, erschnuppere deine buttermilde Säure, zeichne deine Fußstapfen als Knopfloch für Knopfloch öffnende Spuren in Kreuzstich statt Krebsgang.

Einige dich, raunt deine Zunge mir ins linke Ohr, und ich schauere, noch ehe der Regenradar Wind aufgenommen. Das Gleis ist überlaufen, ich ahne dich zu Recht auf der Sonnenseite. Du trägst das Hemd offen, das Herz jedoch anständig zugeknöpft, trotz der Wärme, die dir so gut steht. Ich aber rieche mich schon in dir, als du die Arme nur andeutungsweise hebst.

Ich begehre dich, Heimat, ich vernasch dein Antlitz auf den ersten Blick, noch ehe die Hügel sich gänzlich erhoben, dich im Gegenlicht der Burgunderpforte zu eskortieren, und werf mich in deine Arme in Federn zu baden, die uns fliegen machen,  noch ehe der Zug hält.

 

 

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