Gelage

Samstag in Farben

Vom Kobalt ins Sepia stolpern – und vice versa -, immer neue Farbpfützen ausfindig machen.
Monochrom grünlich-kühle Ecken erobern und darin den roten Faden finden, ihm folgen und dabei Klänge zu hören beginnen.

Kokons in Weiß und Orange auffalten und darin filzig raue Behausungen finden. Pure Oberflächen, griffig und kratzend. Und doch nur den Ton klären wollen. Um Ecken sich wagen und warm-gelbe Oasen finden, staubend vor Pigment.
Farbdunst einatmen, die Poren damit füllen und Klecks für Klecks die vitalisierende Wirkung genießen, dem Grau ausweichen, den Klängen folgen. Töpfchen und Tiegel aufspüren, Mörser und Spachtel. Eintauchen in karminrote Tümpel. Und immer wieder Wände, die gestaltet gestalten, Licht, das Flächen leuchten macht, Figuren, die aus Gemälden zu grüßen scheinen. Fische tragende Figuren, tanzende Figuren, farblose Figuren. Die Musik irgendwann vor 40 Jahren finden, bei Grammophon und Harlekin.

Blass werden ob all der Farbenmacht. Terpentin atmen und Wachspartikel schlürfen und weiter eilen, Raum um Raum satter und hungriger zugleich werdend. Bühnenbilder sich aufbauen sehen vor dem inneren Auge, Rotwein schlürfend den Tango suchen und finden und schließlich doch noch Ruhe finden, bei Stein und Gips, Meißel und Block.

PS: Rita, nächstesmal schlemmst Du mit, ja?

Gelage

Einen braucht der Mensch zum Treten*

Manchmal wünsche ich mir Dich schon zur Seite. Dann wenn es mal wieder an allen Ecken und Enden ziept zum Beispiel. Oder wenn der Wind zu stark mir zwischen die Wimpern weht.
Dann fluche ich laut und dreckig und hoffe inständig, dass mich jemand höre und sich angesprochen fühle. So angesprochen sogar, dass er dagegen wettere. Meist jedoch, bleibt es beim Wunsch. Wenn die Finger dann auch noch kalt werden, fang ich an zu singen. All die Songs, die andere nur unter der Dusche anzustimmen wagen, von deutschem Schlager über Abba und The Offspring.
Beim zweiten oder spätesten dritten Durchlauf des Refrains – bei den Strophen versagt mein Textgedächtnis konsequent – fährt mir der Rhythmus von den geöffneten Lippen über den Gaumen durch den Rachenraum in den Nacken, rutscht an meiner Wirbelsäule die Bandscheiben hervorkitzelnd bis übers Kreuz in den Beckenboden. Dort vibriert er kurz, auf dass mein Gesäß in der Folge irritiert den Kontakt mit dem Sattel verliert und für Sekunden in der Luft rotiert. Diese Sekunden nutzt der Rhythmus um sich taktlos an den Backen vorbeizuschlängeln und mir in die Beine zu fahren. Und ab da ist Rock’n’Roll in den Kniekehlen, es wird gestaucht und gestreckt, getreten und getippt.
Freddie M. ist mit mir und mit meinen Knöcheln. Die Waden spannen und entspannen sich im Dreivierteltakt, die Oberschenkel zittern sich zum Grande Finale die leichte Anhöhe gen heimische Höhle hinauf.
Und wäre mein gehörntes, grünes Velo nicht tapfer stets und ohne Murren und nur seltenem Quietschen unter mir, jeden Tritt in fast vorauseilendem, definitiv aber nachwirkendem, Gehorsam in temposteigernden Schwung umsetzend, ich würde vermutlich unschuldige Bürger treten. Mit jedem Schritt den ich dann mehr zu gehen hätte, zielsicherer und schmerzintensiver.

*K. Wecker