Geliebte

Tagesschau

Ich esse wieder mal zu viel. Nicht zu viel für meinen wachsenden Bauch, auch nicht zu viel für Dein Lächeln. Aber zu viel für die anderen vier Personen am Tisch, die sich auch gerne sättigen könnten.
Meine Füße stumm, mein Herz weinerlich und aus meinem linken Mundwinkel rinnt bräunlichen Bindfadens Maggiwürze aus dem Sonderangebot. Ich rücke meinen westlichen Hüftknöchel zwei Zentimeter weiter zu Dir und beiße erneut ins Brot.

Am Abend ist das Licht gnädiger, es macht den Tisch runder und Dein Knie schön. Du weißt um meine Füße und schaust diskret mir nur auf die Finger. Die liegen beidseits des Glases, brav geradeaus blickend.
Ich renne trotzdem los, der Bus muss erreichbar bleiben, das Wetter wolkenlos. Ich bete an der Ampel und drei Vaterunser später geh’ ich auf Knien über die Straße.

Morgens wüsste ich gern wovon Du sprichst, weigere mich aber standhaft die Augen zu öffnen. Stattdessen male ich mir die vergangene Nacht in Grüntönen aufs Oberlid.
Du lachst schon vor dem Tag und fürchtest weder Lob noch Tadel. Ich neide Dir vieles, doch Deinen Schnurrbart noch nie.

Gestern

Silber und Salz*

Ich wollte ja gar nicht von klein auf Diktatorin auf den Malediven werden, das kristallisierte sich erst in den letzten Jahren heraus. Bedingt durch die hiesige Arbeitsmarktsituation und dabei insbesondere den international verstörend geringen Aufstiegschancen von Frauen in Geheimdiensten. Jedenfalls war ich eine nicht zu vernachlässigende Zeit dem festen Glauben verschrieben, eines Tages als Kinderbuchillustratorin meine Lohntüten allfreitäglich in Empfang nehmen zu dürfen. Dass mir Lehrer in den folgenden Jahren standhaft und ohne von meinem Ziel von mir in Kenntnis gesetzt worden zu sein versicherten, ich könne nicht malen, tat dem seltsamerweise keinen Abbruch. Im Gegenteil. Dass ich dann tatsächlich von meinem Weg abgekommen bin, ohne ihn je wirklich betreten zu haben – außer in Tagträumen – muss an anderem gelegen haben. Und noch immer weiß ich ein liebevoll illustriertes Kinderbuch zu schätzen. Kinderbücher, das sind für mich die Bücher, die zwar schon Text beinhalten, allerdings deutlich mehr und großformatige Bilder.

Momoko ist solch ein Buch, ein wundervoll illustriertes noch dazu. Und bei der Gelegenheit sei noch ein Buch erwähnt, das zwar furchtbar illustriert, soweit ich mich erinnern kann, und gänzlich ohne Text daherkommt, aber schon lange wollte ich Burnster fragen, ob er es zufällig kennt, war es doch bei seinem Vornamen meine erste Assoziation.

Comics hingegen lassen mich im Allgemeinen gänzlich unberührt, der Zugang in diese Welten bleibt mir bis heute zu meinem Leidwesen versperrt. Ich vermag mich nichteinmal auf sie zu konzentrieren, kann ihren Geschichten nicht zu folgen, kurz: ich mag keine Sprechblasen. Stimmt so natürlich auch nicht, ich bin einfach nicht in der Lage eine eindeutige Aussage zu machen, immer gibt es Bedingungen, Ausnahmen und so gibt es natürlich auch manchmal einen kurzen Strip der mich lächeln macht, kichern oder gar lachen. Aber selten.

* Ausst.Kat. Silber und Salz, Zur Frühzeit der Photographie im deutschen Sprachraum 1839-1860, Agfa Foto-Historama Köln, Heidelberg 1989, S.584-597, dessen Buchtitel, in mir unwillkürlich diesen Text auslöste. Es ist ein ziemlich dickes Buch, für dessen Genuss ich mindestens ein Wochenende veranschlagen würde. Eventuell was für den Herrn kid37 und ja eigentlich gar kein Buch, sondern ein Katalog in blassem Violett.